Kapitel 14: Die soziale Dividende

Die meisten Menschen würden es als Beleidigung empfinden, böte man ihnen eine Beschäftigung an, bei der sie Steine über eine Mauer und dann wieder zurück zu werfen hätten, nur um damit ihren Lohn zu verdienen. Doch viele werden heute unter Bedingungen beschäftigt, die um nichts würdiger sind.

(Henry David Thoreau)

Die bedauernswertesten Menschen sind jene, die jede Minute, oder vielleicht sogar zwanzig mal pro Minute, immer und immer wieder dasselbe tun müssen. Sie verdienen die kürzeste Arbeitszeit und die höchste Bezahlung.

(John Kenneth Galbraith)

14.1 Freizeit – ein Paradox

Ein Hauptziel technologischer Entwicklung war es, Arbeitskraft einzusparen. Ein Dieselbagger ersetzt fünfhundert Männer mit Schaufeln, ein Bulldozer ersetzt fünfhundert Holzfäller mit ihren Äxten, und ein Computer macht die Arbeit von fünfhundert Buchhaltern mit Papier und Stift. Warum arbeiten wir nach Jahrhunderten des technischen Fortschritts immer noch so viel wie eh und je? Warum besteht die Lebenswirklichkeit der meisten Menschen auf der Erde immer noch in der täglichen Erfahrung von Knappheit? Seit Jahrhunderten sagen Zukunftsforscher voraus, dass das Zeitalter der Muße unmittelbar bevorsteht. Warum ist es noch immer nicht angebrochen?

Die Erklärung ist, dass wir bei jeder Gelegenheit entschieden haben, mehr zu produzieren, nicht weniger zu arbeiten. Wir konnten nicht anders.

Im gegenwärtigen System kann Freizeit nicht ohne eine Umverteilung des Reichtums zunehmen. Angenommen man hätte ganz plötzlich eine magische Technologie, mit der die Produktivität jeder Arbeitskraft verdoppelt würde. Jetzt wäre die gleiche Menge an Gütern mit dem halben Arbeitsaufwand verfügbar. Wenn (wie in einer Gleichgewichts- oder Postwachstumswirtschaft) die Nachfrage nicht steigt, ist jetzt die Hälfte der Arbeitskräfte überflüssig. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Firmen die Hälfte ihrer Angestellten entweder feuern, sie auf Teilzeit umstellen, oder ihnen weniger bezahlen. Die Reallöhne fallen um die Hälfte, weil keiner den Arbeitern mehr bezahlen wird, als sie an Erträgen für den Arbeitgeber einbringen. Die entlassenen Arbeiter haben kein Geld mehr, um Produkte zu kaufen, selbst wenn diese um etwa 50% billiger sind. Letzten Endes sind zwar mehr Güter mit weniger Aufwand verfügbar, aber das Geld um diese Güter zu kaufen ist nicht bei den Menschen, die sie brauchen. Also schön, die Freizeit ist mehr geworden, aber das heißt dann “Arbeitslosigkeit”. Und das Ergebnis ist katastrophal: eine rapide Konzentration von Reichtum, Deflation, Konkurse, und so weiter – wie in Kapitel 6 beschrieben.

Die daraus folgende wirtschaftliche Misere kann auf zwei Wegen abgewendet werden: Umverteilung des Reichtums oder Wachstum. Für die Umverteilung könnten wir einfach den Angestellten Geld wegnehmen und es den Arbeitslosen geben, Firmen subventionieren, damit sie überzählige Angestellte trotzdem behalten, oder jedem ein bedingungsloses Grundeinkommen bezahlen. Diese Umverteilungsmaßnahmen verringern den relativen Wohlstand und die Macht derer, die Geld besitzen. Die andere Lösung, Wachstum, würde im oben beschriebenen Szenario bedeuten, dass sich die Nachfrage verdoppeln muss, damit jeder seinen Arbeitsplatz behält.

Weil im Allgemeinen die Reichen auch die Kontrolle haben und nicht wollen, dass ihr Reichtum umverteilt wird, ist die traditionelle Lösung für das Problem von Überproduktion und Arbeitslosigkeit jene, dass man irgendwie ein Wirtschaftswachstum anfacht, also die Nachfrage nach Gütern und Leistungen steigert. Eine Möglichkeit, das zu erreichen, sind Exporte. Offensichtlich kann diese Lösung aber nicht für den Planeten als Ganzes gelten. Eine andere Möglichkeit, die Nachfrage zu erhöhen ist, wie ich ausführlich beschrieben habe, den nicht monetarisierten Bereich zu kolonialisieren – die Menschen dazu zu bringen, das zu kaufen, was für sie vorher gratis war. All diese Maßnahmen führen dazu, dass alle weiterhin hart arbeiten, obwohl die natürliche Nachfrage längst befriedigt ist.

Die Wachstumsideologie, die Geschichte vom Aufstieg, besagt, dass die natürliche Nachfrage niemals befriedigt werden kann, dass sie (nach oben zu) unendlich dehnbar ist. Sie geht davon aus, dass es endlosen Nachschub für neue Märkte, neue Bedürfnisse und neue Sehnsüchte gibt. Aber ich habe beobachtet, dass das einzige Objekt der Begierde, das kein Genug kennt, das Geld ist. Die Annahme, dass Bedürfnisse und daher die Nachfrage unbegrenzt wären, treibt den Irrsinn, den wir erleben, immer weiter; sie liegt der wirtschaftlichen Logik zugrunde, die all das legitimiert.1

In der Vergangenheit hatten wir immer die Wahl, wie wir mit dem Gewinn aus der gesteigerten Effizienz umgehen: weniger arbeiten oder mehr konsumieren? Unter dem Zwang eines wachstumsabhängigen Geldsystems entschieden wir uns immer für den Konsum. Statt weniger zu arbeiten und die vorhandenen Bedürfnisse müheloser zu stillen, schufen wir immer neue Bedürfnisse, die es zu befriedigen galt. Oder öfter noch übertrugen wir Bedürfnisse, die früher durch Geschenke erfüllt wurden, in die Geldsphäre oder versuchten, unbegrenzte Bedürfnisse mit begrenzten Dingen zu stillen. Dahin hat uns unser Aufstieg, die Entfaltung der Talente unserer Hände und unseres Geistes getrieben. Obwohl die Kosten für die Natur, die Kultur, den Geist und die Menschheit hoch waren, ist es zu dieser Entwicklung nicht ohne berechtigten Grund gekommen. Heute, wo die natürlichen und kulturellen Commons erschöpft sind, haben sich die Rahmenbedingungen unserer Wahl – weniger zu arbeiten oder mehr zu konsumieren – geändert. Das Zeitalter des Aufstiegs neigt sich dem Ende zu, und wir suchen nach Wegen, die Fähigkeiten, die wir entwickelt haben, in einer neuen Beziehung zur Erde ihrer wahren Bestimmung zuzuführen. Das Zeitalter des Wachstums ist vorüber. John Maynard Keynes äußerte seine Vorahnung dieses Epochenwechsels in seinem Buch Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages:

Auf der einen Seite akzeptierte die Arbeiterklasse … eine Situation, in der sie ein sehr kleines Stück des Kuchens, den sie und die Natur und die Kapitalisten gemeinsam produzierten, ihr Eigen nennen konnte. Und auf der anderen Seite war es der kapitalistischen Klasse erlaubt, sich das beste Stück des Kuchens anzueignen, und sie hatte theoretisch die Freiheit, es zu konsumieren – unter der unausgesprochenen Bedingung, dass sie in Wirklichkeit nur sehr wenig davon konsumierte. Die Pflicht dieser Entsagung machte neun Zehntel der Tugend aus, und das Wachstum des Kuchens wurde zum Ziel wahrer Religion. Um die Nichtverzehrung des Kuchens wuchsen alle Instinkte des Puritanertums, das auch zu anderen Zeiten der Welt entsagt hatte und die Künste der Herstellung und des Genusses gleichermaßen verachtete. Und so vergrößerte sich der Kuchen – zu welchem Zwecke, sah keiner. Der Einzelne wurde ermahnt, nicht direkt zu entsagen, aber aufzuschieben und sich in den Freuden der Sicherheit und der Erwartung zu üben. Man sparte für das Alter oder für die Kinder. Doch das war nur Theorie – der Zauber des Kuchens war, dass er niemals verzehrt werden würde, nicht von dir und nicht von deinen Kindern nach dir.2

Auf der kollektiven Ebene ist die Wahl, den Kuchen nicht zu konsumieren, gleichbedeutend mit der Entscheidung für das Wachstum und gegen die Freizeit. Effizientere Produktionstechnologien erlauben uns, entweder weniger zu arbeiten oder genauso hart weiterzuarbeiten und mehr Zeug zu produzieren. Unser Wirtschaftssystem verlangt und verkörpert die Wahl der zweiten Möglichkeit. Obwohl heute keynesianische Wirtschaft mit steuerlichen Anreizen gekoppelt ist, sah Keynes selbst die Anreize nie als dauerhafte Lösung. Als Gesellschaft haben wir nun siebzig Jahre lang die Nachfrage über Militärausgaben, Autobahnbau und Subventionen für die Beschleunigung von Rohstoffgewinnung, Bau und Konsum, und durch Imperialismus künstlich gesteigert. Mit dem Versuch, das Wirtschaftswachstum nicht zu bremsen und die Kapitalertragsrate über den Zinsen zu halten, verfingen wir uns in einem Muster, nach dem wir die Produktion zwanghaft immer weiter steigern mussten, ob wir sie nun benötigten oder nicht. Die Wirtschaftstheorie passte sich mit der Annahme, dass der Bedarf unbegrenzt sei, dieser Falle an. Sie sagt, wir werden immer mehr produzieren müssen, und wenn nicht in der einen Sparte, dann in einer anderen. Ich habe diesen Prozess anders beschrieben: als Plünderung von einer Sphäre nach der anderen, als Plünderung des Natur- und Sozialkapitals, des kulturellen und spirituellen Kapitals. Keynes hat es nicht so explizit ausgedrückt, da er ja in einem von Aufstiegsphantasien geprägten ideologischen Umfeld lebte, aber er spürte das definitiv. Sein Gebrauch der Vergangenheitsform in der oben zitierten Passage legt – zumindest für mich – nahe, dass es eines Tages Zeit sein würde, den Kuchen zu essen: die Entscheidung für weniger Arbeit und gegen mehr Zeug zu treffen.

Ein positiver, risikofreier Zinssatz ist das wirtschaftliche Pendant zur “Ermahnung”, von der Keynes sprach, “sich in den Freuden an der Sicherheit und der Erwartung zu üben,” oder in meiner Sprache: den gegenwärtigen Augenblick an die Zukunft zu verpfänden, Sicherheit (oder die Illusion davon) zu wählen, statt der Freiheit. Sie sehen, die wirtschaftliche Logik, die ich beschrieben habe, hat auch eine persönliche Dimension. Im vergangenen Zeitalter hatten wir einen Anreiz, die Arbeit der Freizeit vorzuziehen, selbst wenn wir das Geld nicht benötigten, weil der Zins verspricht, dass wir uns mit unserem Geld in Zukunft sogar noch mehr Freizeit kaufen können. Indem wir uns enthalten, auf Freuden und Muße verzichten (und viel zu oft gerade unsere besten Impulse unterdrücken), hoffen wir, womöglich dereinst die wirtschaftliche Version des Himmelreichs zu erlangen: die Frührente. Aber wie so oft in der Religion dienen Versprechungen des Himmelreichs dazu, uns in Fesseln zu halten. Doch die Zeit unserer Knechtschaft ist vorbei. Die Lage des Planeten verlangt jetzt dringend, dass wir unsere Aufmerksamkeit nicht mehr dem “Wachstum des Kuchens” schenken.

14.2 „Jobs” sind unzeitgemäß

Immer schon seit Beginn des Industriellen Zeitalters plagte uns die ständige Angst, dass wir durch Maschinen ersetzt werden könnten. Und sie hat sich tatsächlich für Viele bewahrheitet, weil Maschinen Funktionen übernehmen, die zuvor von Menschen erfüllt wurden. Die einzige Möglichkeit, Vollbeschäftigung beizubehalten, war Wachstum, und doch plädiere ich hier für ein Ende des Wachstums, und auch für ein Ende der Vollbeschäftigung (in Form von Lohnarbeit). Wenn uns also diese uralte Angst quält, lasst uns doch einmal untersuchen, was es eigentlich für unsere Arbeitskraft bedeutet, von einer Maschine ersetzt zu werden.

Erst einmal muss ein Job mechanisch gewesen sein, wenn er von einer Maschine übernommen werden kann. Als die ganze Gesellschaft immer weiter automatisiert wurde, übertrugen sich diese charakteristischen Eigenschaften – Gleichförmigkeit, Routine, und Standardisierung – auch auf immer mehr Jobs. Das war unvermeidlich, wenn man bei diesen Jobs Maschinen bedienen musste, oder auf andere Weise in einen von Maschinen dominierten Prozess eingebunden war. Hier liegt eine viel tiefere Ursache unserer Angst: nicht, dass wir durch Maschinen ersetzt werden, sondern dass wir zu Maschinen werden, dass wir leben und arbeiten wie Maschinen.

Die bekannteste Anti-Maschinen Bewegung, die Ludditen im frühen 19. Jahrhundert, waren sich dessen bewusst. Dem Forscher Kirkpatrick Sale zufolge hatten sie keinen blinden, abergläubischen Hass auf Maschinen. Sie dachten, dass Maschinen schon einen passenden Platz hätten. Was sie jedoch wütend machte, war nicht nur der Verlust ihres Lebensunterhalts, sondern die minderwertigen Produkte, die abstumpfende Langeweile, die ständige Gefahr und die unmenschlichen Bedingungen in den Fabriken. Sie widersetzten sich der Automatisierung der Arbeit. Es ist ein Affront gegen den menschlichen Geist, hochqualifizierte, eigenständige Arbeit durch entwürdigende, gefährliche Fabrikarbeit zu ersetzen.

Das Ziel einer teilnahmsvollen Wirtschaft ist es demnach nicht, “Jobs” zu schaffen, was die meisten liberalen Politiker zu denken scheinen. Wenn Arbeit einmal mechanisch geworden ist, dann ist es in gewisser Weise zu spät – unmenschliche Arbeit kann genauso gut von Maschinen verrichtet werden. Ich muss hier einfach auf die Dummheit von wirtschaftlichen Strategien hinweisen, die mehr “Jobs” bringen sollen. Als ob wir noch mehr Güter und Leistungen bräuchten! Warum wollen wir denn mehr Jobs schaffen? Weil Menschen Geld zum Leben haben sollen. Zu diesem Zweck könnten wir genauso gut Löcher in die Erde graben und sie wieder zuschütten, wie Keynes bekannterweise witzelte. Heutige wirtschaftliche Strategien versuchen genau das: Schauen Sie sich nur die Bemühungen an, den Hausbau wieder anzukurbeln – zu einer Zeit, in der es 19 Millionen leerstehende Behausungen in den USA gibt!3 Wäre es nicht besser, Menschen gleich fürs Nichtstun zu bezahlen und so ihre kreative Energie zu befreien, die sie für die Lösung der dringenden Probleme der Welt einsetzen könnten?

Offensichtlich haben wir die Mittel und sind mit der Notwendigkeit konfrontiert, weniger zu wachsen, weniger zu arbeiten, und unsere Energien anderen Dingen zuzuwenden. Es ist an der Zeit, das jahrhundertealte Versprechen der Industrialisierung einzulösen: dass die Technologie uns eine dramatische Reduzierung der Wochenarbeitszeit ermöglicht und ein “Zeitalter der Muße” einläutet. Unglücklicherweise weckt der Begriff Muße die Assoziationen von Frivolität und Ausschweifungen, die so ganz im Widerspruch zu den dringenden Erfordernissen des Planeten und seiner Menschen an der Schwelle dieser Zeitenwende stehen. Gewaltig viel und wichtige Arbeit liegt vor uns; Arbeit, die mit einer Wachstumsrücknahme im Einklang steht, weil sie nicht unter dem Zwang steht, verkäufliche Produkte zu schaffen. Es gilt Wälder wiederaufzuforsten, kranke Menschen zu pflegen, ein ganzer Planet ist zu heilen. Ich denke, wir werden sehr beschäftigt sein. Wir werden hart arbeiten und zutiefst sinnvolle Dinge tun. Und wir werden nicht mehr gegen den Strom des Geldes und des Wachstumsimperativs schwimmen müssen. Trotzdem glaube ich, dass wir mehr Muße – die Erfahrung von Zeitreichtum – haben werden als heute. Zeitknappheit ist eine der Ursachen für unseren Überkonsum, mit dem wir versuchen, den Verlust dieser ursprünglichsten Form des Reichtums zu kompensieren. Zeit ist Leben. Wahrhaft reich zu sein heißt, über unsere Zeit selbst verfügen zu können.

Bisher habe ich ein System beschrieben, das die finanziellen Anreize hin zur Bewahrung des Ökosystems und zum Schutz und Ausbau der verbliebenen Commons verlagert, und wo das Geld zu jenen fließen kann, die es brauchen – ohne den Gedanken an Wachstum. Doch es gibt da noch einen radikaleren Weg, das Prinzip zu beenden, auf dem unser modernes Bankensystem basiert: dass das Geld an die geht, die es noch weiter vermehren. Warum den Menschen nicht einfach Geld geben? Jedem?4 Das ist die Idee hinter der “sozialen Dividende” oder dem „sozialen Einkommen“, wie es von Major Douglas, dem Begründer der Social Credit Bewegung, in den 1920er Jahren propagiert wurde.

Die Idee beruht sowohl auf einer wirtschaftlichen als auch auf einer moralischen Überlegung. Douglas, ein britischer Ingenieur, machte dieselbe Beobachtung wie Marx: Arbeiter bekommen einen immer geringeren Anteil am Umsatz, wenn die Produktion weniger arbeitsintensiv und dafür kapitalintensiver wird. Das führt aufgrund der sinkenden Nachfrage zu Armut, ungleicher Verteilung des Reichtums und zu einer wirtschaftlichen Depression. Als Abhilfe schlug er vor, Fiatgeld einerseits in Form von Direktzahlungen pro Kopf und andererseits als Rabatt auf Einkäufe quasi wie eine negative Umsatzsteuer auszugeben. Die Höhe der Geldmenge sollte ausreichend groß sein, dass alle Bürger sich die Produkte ihrer eigenen Arbeit leisten können. Dieser Vorschlag ist vom wirtschaftlichen Mainstream gar nicht so weit entfernt, wie es scheint. Die im Jahr 2008 an alle U.S. Haushalte verteilten Anreizzahlungen waren eine verwässerte Form der sozialen Dividende. Sie sollten genau den Zweck erfüllen, den Douglas anstrebte: Geld sollte zu jenen gelangen, die es auch ausgeben, und dadurch der Wirtschaftskrise entgegenwirken.5 Das waren keine Sozialhilfeschecks, die nur an die Bedürftigen verteilt wurden. Es waren Anreizzahlungen, die alle bekamen.

Freizeit und Umverteilung als Alternative zum Wachstum gewinnen an Glaubwürdigkeit, je länger der wirtschaftliche Niedergang fortdauert. In Deutschland wird durch sogenannte Kurzarbeit eine kürzere Wochenarbeitszeit subventioniert, um Arbeitslosigkeit zu verhindern – unter offensichtlicher Missachtung der “lump-of-labor-fallacy” ( siehe Fußnote 69). Statt 20% der Arbeiterschaft zu entlassen, verkürzt das Unternehmen die Wochenarbeitszeit aller um 20%. Der Großteil der Lohneinbußen wird dem Arbeitnehmer von der Regierung ersetzt. Angestellte können ihre Arbeitsplätze behalten und arbeiten 20% weniger mit einer Gehaltsreduktion von nur 4- 8%.6 Das Ergebnis ist beeindruckend: Die Arbeitslosenrate in Deutschland blieb während der Rezession niedriger als erwartet, und in der Automobilindustrie, wo diese Strategie am umfassendsten angewendet wurde, ging in der ersten Hälfte des Jahres 2009 kein einziger Vollzeitarbeitsplatz in der Fertigung verloren.7 Kurzarbeit ist der sozialen Dividende in gewissem Maße ähnlich und entspringt einer ähnlichen wirtschaftlichen und humanitären Motivation.

Als Teenager entdeckte ich, dass es für eine soziale Dividende auch philosophische oder moralische Grundlagen gibt, als ich die Erzählung “Die Reiter der purpurnen Sozialhilfe oder Das große Ding” (“Riders of the Purple Wage”) von Philip Jose Farmer las. Farmer argumentierte wie Douglas: Weil die industrielle Technologie der Menschheit nahezu unbegrenzten und mühelosen Zugang zu Wohlstand verschafft hat, sollte es für niemanden mehr notwendig sein, für seine Lebensgrundlagen sehr hart arbeiten zu müssen. Der einfache Zugang zu Wohlstand, den die Technologie und der natürliche Reichtum der Erde ermöglicht haben, ist der gemeinsame Schatz der Menschheit. Jeder Mensch hat durch seine Geburt ein Recht auf einen Anteil. Selbstverständlich hat keiner mehr Anspruch als andere auf die Erfindungen von, sagen wir, Robert Boyle oder Thomas Edison, oder gar auf das größere kulturelle Umfeld, das ihre Arbeit erst ermöglichte. Sie und ich haben nicht mehr Recht auf diese kulturelle Mitgift als auf das Land oder das Genom. Wir erhalten sie als das Geschenk der Menschheit als Ganzes; sie ist das Geschenk unserer Vorfahren, so wie das Land das Geschenk der Erde, der Natur oder des Schöpfers ist.

Akzeptieren wir nicht zu schnell die glatte Formulierung, die ich oben verwendet habe: “Der einfache Zugang zu Wohlstand, den die Technologie ermöglicht hat…” Der Satz entstammt der Ideologie vom Aufstieg, die, wie ich ausgeführt habe, mit der Ideologie des unendlichen Wirtschaftswachstums verknüpft ist. Irgendwie haben wir trotz der jahrhundertelangen Entwicklung arbeitserleichternder Erfindungen nicht mehr Freizeit als die Jäger und Sammler, neolithische Dorfbewohner oder mittelalterliche Kleinbauern. Der Grund ist folgender: einerseits die Überproduktion und der Überkonsum von dem , was die Technologie produzieren kann, und andererseits die Unterproduktion und der Unterkonsum all dessen, was durch Technologie nicht produziert werden kann. Genau das nämlich widersetzt sich meist der vereinheitlichenden und entpersönlichenden Regel des Geldes: es ist einzigartig, intim und persönlich. Ich werde später auf dieses Thema zurückkommen. Jetzt soll es einmal genügen festzustellen, dass wir jene Bedürfnisse leicht befriedigen können, die zählbar sind. Wir sollten nicht viel Arbeit aufwenden, um uns die Lebensgrundlagen zu beschaffen: Nahrung, Kleidung und Unterkunft. Selbstverständlich sollten wir nicht mehr als die durchschnittlichen zwanzig Wochenstunden arbeiten müssen, welche die Kalahari Ureinwohner 1970 für ihre Subsistenz aufbrachten – in einer unwirtlichen Wüste mit Steinzeitwerkzeugen. Natürlich sollten wir uns nicht weniger sicher fühlen und uns nicht mehr Sorgen um unser Auskommen machen, als die Bauern im Hochmittelalter mit ihren 150 Feiertagen im Jahr zu Ehren der Heiligen.

14.3 Der Wille zu arbeiten

Welcher Wahnsinn treibt uns dazu, lieber noch mehr unnötige Häuser zu bauen, als zum Beispiel Seeschildkröteneier vor einer Ölpest zu retten? Commons auszubeuten ist profitabel – ihre Wiederherstellung hingegen wird zur Angelegenheit für Altruisten. Dieses Buch macht Vorschläge, wie diese Dynamik umgekehrt werden kann. Die Internalisierung von Kosten lenkt den Geldfluss und den Fokus unserer Aktivitäten um, weg vom Konsum und hin zum Heiligen. Das Negativzinsgeld bewirkt, dass Investitionen ohne den Anspruch getätigt werden, dass am Ende mehr Geld herauskommen soll als hineingeflossen ist. Das beendet den Ausverkauf der Zukunft. Diese Maßnahmen allein werden aber nicht genügen, denn ein Teil der Arbeit an der Heilung der Welt ist grundsätzlich unökonomisch.8

Die Frage ist nun: Wie schaffen wir Bedingungen, unter denen Menschen diese wichtige Arbeit verrichten können, die aber keinen wirtschaftlichen Ertrag abwirft? Wie bei der Umverteilung des Reichtums gibt es auch hier zwei mögliche Wege. Einer ist, wie von mir ausgeführt, die soziale Dividende, die heute in abgeschwächter Form als Anreizzahlungen, Steuervergünstigungen, Sozialtransfers und so weiter existiert. Das gibt den Menschen die ökonomische Freiheit, Aktivitäten nachzugehen, für die sie niemand anstellen würde (weil sie damit kein Einkommen für einen Arbeitgeber generieren könnten), und bei denen nichts Verkäufliches entsteht.

Der zweite Weg für die Regierung (oder eine andere Institution), nicht-ökonomische Arbeit zu fördern ist Menschen zu bezahlen, wenn sie schöne und notwendige Dinge tun, die wir zu schätzen gelernt haben. Einen Vorboten dafür sahen wir im Zuge des New Deal. Millionen Arbeitslose wurden nicht nur angestellt, um eine Infrastruktur aufzubauen, die eines Tages wirtschaftlichen Ertrag bringen würde, sondern auch um zum Beispiel Volksmusik zusammenzutragen und zu bewahren oder Erholungsgebiete zu gestalten. Weitergesponnen ist das die Vision des Staatssozialismus. Aber zentrale Planung verfehlt oft wichtige Bedürfnisse, öffnet totalitärem Machtmissbrauch die Türen, und bezieht weder die individuelle Kreativität noch Basisorganisationen mit ein. Vertrauen wir darauf, dass die Menschen mit der sozialen Dividende ohne den Zwang wirtschaftlicher Notwendigkeit ganz selbstverständlich eine gute und notwendige Arbeit wählen werden. Diese freie zwanglose Entscheidung – die Blüte unbeschnittener Wünsche und Phantasien – wird uns helfen herauszufinden, welche Arbeit heilig ist.

Hier prallen zwei konkurrierende Sichtweisen über die menschliche Natur aufeinander, und damit zwei Visionen davon, wie die Gesellschaft organisiert werden soll. Eine besagt: “Befreie die Menschen aus der wirtschaftlichen Zwangssituation, und sie werden wundervolle Arbeit tun.” Die andere besagt: “Schaffe wundervolle Arbeit und übe wirtschaftlichen Druck aus, damit die Menschen diese Arbeit tun.” Die erste vertraut auf das natürliche Verlangen der Menschen, schöpferisch tätig zu sein, und auf ihre Fähigkeit zur Selbstorganisation. Die zweite überträgt der Politik die Entscheidung darüber, wie die Arbeitskraft zu nutzen sei. Ich denke, dass für lange Zeit beide ihren Platz haben werden. Und am Schluss, wenn die politischen Prozesse ganzheitlicher geworden sind, wenn sie mehr von der Basis ausgehen und durch Selbstorganisation getragen werden, dann verschmelzen die beiden.

Ein Einwand gegen die soziale Dividende oder ähnliche Bezugsrechte ist, dass Menschen keine Motivation zur Arbeit hätten. Wir denken: “Wären Menschen nicht unter Druck, dann arbeiteten sie überhaupt nicht. Sie brauchen Anreize.” Warum sollte man arbeiten, wenn die Grundbedürfnisse auch ohne Arbeit befriedigt werden? Von diesem Standpunkt aus ist Knappheit, selbst künstliche, wünschenswert, weil sie der angeborenen Faulheit des Menschen entgegenwirkt. Diese Denkweise folgt wieder der Logik von Kontrolle, Beherrschung, und dem Krieg gegen das Selbst. Aber liegt es überhaupt in der menschlichen Natur, nichts Produktives tun zu wollen? Brauchen wir tatsächlich Anreize, damit wir arbeiten, und muss Trägheit bestraft werden?

Anders gefragt, ist das die menschliche Natur: niemals geben, immer nur nehmen zu wollen?

Ich denke nicht. Vielleicht kommt Ihnen meine Erfahrung bekannt vor: zu den unerträglichsten Phasen meines Lebens gehörten Zeiten, in denen ich mich von meiner Arbeit nicht ausgefüllt fühlte und meine Talente nicht für eine Sache verwenden konnte, an die ich glaubte. Ich erinnere mich gut an ein Treffen mit Mitarbeitern einer Softwarefirma in Taiwan, wo ich, Mitte Zwanzig, als Übersetzer und Wirtschaftsberater arbeitete. Wir sprachen über eine neue Technologie, 3D Klang oder etwas Ähnliches, und jeder im Raum schien eifrigst damit befasst zu sein, was die Auswirkungen der neuen Technologie auf die Produkte der Firma sein würden. Plötzlich befiel mich Skepsis: “Moment mal, wollt ihr sagen, dass euch das wirklich wichtig ist? Denn mir ist es ganz egal, ob dieses oder ein anderes Produkt einen 3D Klang hat.” Das nächste Gefühl war blanke Verzweiflung, weil ich erkannte: Es war mir nur deswegen nicht egal, weil ich dafür bezahlt wurde, dass es mir nicht egal sein soll, und ich konnte mir keine realistische Alternative dazu vorstellen. “Werde ich jemals etwas tun, weil es mir wirklich wichtig ist?”, dachte ich, “Wann werde ich mein Leben leben können, nicht eines, für das ich bezahlt werde?”

Eine Grundannahme in diesem Buch ist, dass Menschen von Natur aus den Wunsch haben, zu geben. Wir werden in die Dankbarkeit hineingeboren: Sie ist das Wissen, etwas bekommen zu haben, und der Wunsch, nun unsererseits etwas zu geben. Die heutige Wirtschaft ist weit davon entfernt, unwillige Leute ein bisschen anzuschubsen, damit sie entgegen ihren faulen Impulsen anderen auch etwas geben. Die heutige Wirtschaft nötigt uns im Gegenteil dazu, unsere angeborene Großzügigkeit zu verleugnen und unsere Talente stattdessen in die Fortschreibung eines Systems zu kanalisieren, das fast keinem nützt. Eine heilige Ökonomie befreit unser Verlangen nach Arbeit, unsere Sehnsucht zu geben. Jeder Mensch, den ich kenne, hat so viel zu geben; und die meisten von ihnen haben das Gefühl, sie könnten es nicht, weil damit kein Geld zu machen ist. Das liegt nicht daran, dass ihre Talente unerwünscht wären – es gibt viel schöne Arbeit zu tun. Das Geld, wie wir es kennen, kann keine Verbindung zwischen den Begabungen und den Bedürfnissen herstellen. Warum muss jeder so hart arbeiten, nur um zu überleben, wenn (ob nun mit oder ohne Technologie) solche Bedürfnisse spielend mit einem Bruchteil der Arbeitskraft befriedigt werden könnten? Es liegt daran, dass Geld von Natur aus Knappheit erzeugt.

Die Annahme, dass die Leute nicht arbeiten wollen, ist in den Wirtschaftswissenschaften weit verbreitet und speist sich aus einer noch tieferen Quelle: der Geschichte vom Selbst in Getrenntheit. Wenn mehr für dich bedeutet, dass ich weniger habe, wenn dein Wohlergehen unwichtig oder gar nachteilig für mich ist, warum sollte ich dann irgendwem irgendetwas schenken wollen? Das “egoistische Gen” in der Biologie, das nur danach trachtet, sein maximales reproduktives Eigeninteresse zu verfolgen, ist die Entsprechung des homo oeconomicus in der Wirtschaft, der sein maximales finanzielles Eigeninteresse verfolgt. Angeblich wollen wir keine Arbeit verrichten, die anderen zugute kommt, wenn nicht auch für uns etwas dabei herausspringt. Wir wollen eigentlich gar nicht schenken, wir müssen dazu gezwungen, dafür bezahlt werden.

In den Lehrbüchern der Wirtschaftswissenschaften liest man vom “negativen Nutzen” der Arbeit: Menschen müssten durch Löhne „entschädigt“ werden, weil sie sonst natürlich vorziehen würden… Was würden sie denn vorziehen? Zu konsumieren? Nichts zu tun? Unterhalten zu werden? Ein auf Knappheit basierendes Wirtschaftssystem legitimiert sich aufgrund seiner Prämissen, und die basieren auf schweren Vorurteilen gegenüber der menschlichen Natur. In diesem Buch gehe ich von einer anderen menschlichen Natur aus: Ich meine, dass wir im Grunde göttliche, kreative, großzügige Wesen sind, und dass Schenken und schöpferische Tätigkeit zu unseren Grundbedürfnissen zählen. Um dieser Sichtweise in einem Geldsystem gerecht zu werden, müssen wir Wege finden, Geschenke an die Gesellschaft reich zu belohnen, ohne dass diese Belohnungen zu einer Art von Druck oder Sklaverei werden.

Nicht nur die ständige Erfahrung von Knappheit ist ein Artefakt unseres Geldsystems; auch die Faulheit, die uns als Teil der menschlichen Natur erscheint, ist eine berechtigte Reaktion auf die Art von Arbeit, wie sie das System hervorbringt. Wenn Sie sich dabei ertappen, faul zu sein, Dinge aufzuschieben, schlampig zu arbeiten, zu spät zu kommen, sich nicht zu konzentrieren und so weiter, dann ist das Problem möglicherweise überhaupt gar nicht Ihr Charakter: Vielleicht ist es die Rebellion Ihrer Seele gegen Arbeit, die Sie eigentlich nicht tun möchten. Ihre Seele will Ihnen sagen: “Es ist Zeit, dass du deine wahre Arbeit findest: Arbeit, bei der du deine Talente für etwas Sinnvolles einsetzen kannst.” Ignorieren Sie diese Botschaft, dann wird Ihr Unbewusstes ihr Nachdruck verleihen. Depressionen, Selbstsabotage, Krankheit oder ein Unfall werden es Ihnen unmöglich machen, weiterhin ein Leben zu führen, in dem Sie Ihre Großzügigkeit nicht ausleben können.

In einer heiligen Ökonomie werden Menschen immer noch hart arbeiten – aber nicht, weil sie müssen, sondern weil sie es wollen. Wollten Sie schon einmal Ihre Zeit und Arbeitskraft einer guten Sache widmen, haben es dann aber nicht gemacht, weil Sie es „sich nicht leisten” konnten? Eine soziale Dividende befreit das Schenken und lenkt den Fluss der Geschenke dorthin, wo sie gebraucht werden. Sie ermöglicht es uns, unsere Arbeitskraft mit unseren Leidenschaften, unserer Freigiebigkeit und unseren künstlerischen Begabungen zu vereinbaren.

Viele Menschen werden sowieso weiterhin in bezahlten Arbeitsverhältnissen arbeiten, entweder, um die soziale Dividende aufzubessern (deren Höhe wahrscheinlich Kosten für die reine Subsistenz abdecken würde), oder weil sie diese Arbeit einfach gern tun. Aber es wäre eine Wahl, keine Notwendigkeit. Ohne die Zwangslage “sich sein Leben verdienen zu müssen”, gäbe es wohl kaum einen Markt für entwürdigende oder langweilige, ermüdende Jobs. Wenn die Arbeitgeber Arbeitnehmer finden wollen, werden sie attraktive, sinnvolle Arbeitsplätze schaffen müssen und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Es wird viele solche Arbeitsplätze geben, weil ein Großteil der über das Commons-basierte Geldsystem finanzierten Arbeit von Natur aus sinnvoll sein wird (wegen der finanziellen Anreize für bewahrende und wiederherstellende Arbeit).

Bezeichnenderweise verrichten Menschen auch jetzt schon eine Unmenge an unbezahlter Arbeit, selbst ohne soziale Dividende. Das ganze Internet ist großteils durch freiwillige Arbeit entstanden, angefangen bei der Open Source Software für Server bis zu den frei zugänglichen Inhalten. Ganze Organisationen beruhen nur auf der harten Arbeit von Freiwilligen. Wir brauchen keinen finanziellen Anreiz, um zu arbeiten, ganz im Gegenteil: Wir leisten die beste Arbeit, wenn Geld keine Rolle spielt.9 Was für eine Welt wäre das, in der die Menschen dabei unterstützt werden, jene schönen Dinge zu tun, für die sie heute am stärksten gegen die Zwänge wirtschaftlicher Notwendigkeit ankämpfen müssen?

Dieses Buch entwirft so eine Welt, in der die Menschen Dinge nicht für Geld, sondern aus Liebe tun. Was würden Sie in einer solchen Wirtschaft machen? Würden Sie helfen, eine Giftmülldeponie wieder kulturfähig zu machen? Wären Sie eine “große Schwester” für Jugendliche in Schwierigkeiten? Würden Sie Zufluchtsstätten für die Opfer von Menschenhandel errichten? Bedrohte Tierarten wieder auswildern? Nachbarschaftsgärten in der Großstadt aufbauen? Öffentliche Darbietungen organisieren? Ausgemusterte Veteranen beim Wiedereintritt ins Zivilleben begleiten? Befreit von der Geldsklaverei – was würden Sie tun? Wie sieht Ihr eigenes, Ihr wahres Leben aus? Unter der Oberfläche des Ersatzlebens, für das Sie bezahlt werden, da gibt es ein wahres Leben, da ist Ihr Leben.

Ganz am Leben zu sein bedeutet sich der Leitfrage zu stellen: “Wozu bin ich hier?” Die meisten Jobs heute verwehren dieses Gefühl, weil wir offensichtlich nicht hier sind, um am Fließband zu arbeiten oder ein Produkt zu bewerben oder etwas zu tun, das dazu beiträgt, die Verarmung von Menschen oder die Zerstörung der Umwelt voranzutreiben.

14.4 Wer soll den Müll wegräumen?

Ist das eine realistische Vorstellung? Lassen Sie mich ein Gedankenspiel mit Ihnen teilen, das ich letzten Frühling niedergeschrieben habe.

Eine Sklavenwelt

Ich schreibe dies auf einem großen Flughafen. Tausende Menschen arbeiten hier im Zusammenhang mit dem Flughafen, und eigentlich nützen nur wenige dieser Arbeitsplätze einem Menschen. Ich fuhr in einem Shuttlebus vom Hotel zum Flughafen. Unterwegs erzählte ich dem Fahrer, einem peruanischen Einwanderer, über den Vortrag, den ich dieses Wochenende über meine Vision für eine schönere Welt gehalten hatte. An einer Stelle sagte ich zur Veranschaulichung: “Da sind Sie nun und fahren den ganzen Tag lang zwischen Hotel und Flughafen hin und her. Es gibt sicher Momente, in denen Sie denken: `Ich bin nicht auf die Welt gekommen um das hier zu machen.´”

“Ja, das stimmt”, sagte er.

Ich muss dasselbe denken, wenn ich hier den Kassierer am Flughafenkiosk beobachte, wie er Preise ein- und Wechselgeld herausgibt und sagt: “Danke der Herr, haben Sie noch einen angenehmen Tag”, und den Mann, der die Mülleimer in seinen Rollwagen ausleert und die Plastiksäcke auswechselt, still und verdrießlich mit steinerner Miene. Was für eine Welt haben wir da geschaffen, in der ein Mensch den ganzen Tag mit solchen Aufgaben zubringt? Was ist aus uns geworden, dass wir darüber nicht empört sind?

Die Männer und Frauen an den Ticketschaltern und den Pulten am Flugsteig haben eine etwas anregendere Arbeit; Arbeit, die man vielleicht erst nach ein paar Tagen oder Wochen, nicht in wenigen Stunden, gelernt hat. Aber ihre Tätigkeit ist immer noch weit davon entfernt, die Fähigkeiten und die Kreativität eines Menschen in Anspruch zu nehmen (obwohl sie vielleicht aus anderen Gründen zufriedenstellend sein mag, weil es eine Leistung für andere ist, weil man Leute zufriedenstellen kann, Menschen begegnet, etc.). Dasselbe trifft für die Flugbegleiter zu. Nur die Piloten, Fluglotsen und Mechaniker verrichten Arbeit, die die Lernfähigkeit des menschlichen Geistes für mehr als ein paar Monate beschäftigt.

Seltsam scheint mir dies: Die allerschlimmsten, brutalsten dieser Jobs sind auch noch dazu die am schlechtesten bezahlten. Ich verstehe die wirtschaftliche Motivation dahinter, aber etwas in mir rebelliert gegen diese Logik und möchte, dass diese Gepäckabfertiger, Fahrer und Kassierer mehr, nicht weniger, als die Piloten bezahlt bekommen.

Ohne diese untergeordneten Arbeiter liefe weder dieser Flughafen noch unsere Gesellschaft so, wie sie es jetzt tut. Meine Reise hängt von ihrer Arbeit ab; ihrer Leistung, für die sie kaum genug zum Überleben verdienen.

Und warum akzeptieren sie solche Arbeitsbedingungen? Gewiss nicht, weil es ihr angestrebtes Ziel war, ihr Leben damit zu verbringen. Wenn man einen von ihnen fragt, warum sie das machen, werden sie (sofern sie sich von dieser Frage nicht zu sehr beleidigt fühlen) sagen: “Ich muss es machen. Ich muss mein Leben bestreiten, und das ist die beste Arbeit, die ich finden konnte.”

Also kann meine Reise heute nur stattfinden, weil Menschen diese Jobs, die sie nicht machen wollen, tun müssen, damit sie überleben können. Das ist es, was “sein Leben bestreiten” bedeutet: solche prekären Verhältnisse sind in Wahrheit eine angesetzte Pistole. Wenn ich dich unter Todesandrohung zwinge, für mich zu arbeiten, dann bist du mein Sklave. In dem Ausmaß, in dem wir in einer Welt leben, die auf der Arbeit unter aller menschlichen Würde von Vielen beruht, natürlich nicht nur auf Flughäfen, sondern auch in Fabriken, Sweatshops, auf Plantagen und nahezu überall sonst auch, so lange leben wir in einer Sklavenwelt. Alles, was wir uns durch Sklavenarbeit beschaffen, hat einen untragbar hohen spirituellen Preis: eine schmerzliche Leere oder ein Gefühl unserer verletzten Lauterkeit tief drinnen; beides lässt uns beschämt den Augenkontakt mit Menschen meiden.

Können wir es schaffen, das abzuschütteln und auf das Leben in einer Sklavenwelt zu verzichten? Ich möchte jedem Mann und jeder Frau in die Augen sehen können in dem Wissen, dass ich nicht der Nutznießer ihrer Erniedrigung bin.

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Ich will auch aus einem viel eigennützigeren Grund nicht in einer Sklavenwelt leben: Die Produkte der Sklavenarbeit verkörpern den Geist, der sie hervorgebracht hat. Wer außer einem Zwangsrekrutierten würde diese miesen, geistlosen, giftigen, hässlichen, billigen Produkte und Gebäude, die uns heute umgeben, produzieren? Wer außer einem Sklaven würde seine Dienste so verbittert und unwirsch leisten?10 Der überwiegende Teil unserer “Waren und Dienstleistungen” wurde von Menschen gemacht, die es nur fürs Geld tun, die nur arbeiten weil sie „müssen”. Ich will in einer Welt voll von schönen Dingen leben, die von Menschen mit Liebe und Hingabe geschaffen wurden.

Jeder, der indoktriniert wurde, dass Arbeit an sich ein notwendiges Übel sei, wird mich für naiv halten, wenn ich ein System vorschlage, das keinen zur Arbeit zwingt. Wer würde Nahrungsmittel anbauen? Den Müll wegräumen? Die Straßen kehren? In den Fabriken arbeiten? Ich behaupte nicht, dass unangenehme Arbeit demnächst abgeschafft sein wird – sie wird aber immer weniger werden. Schon jetzt gibt es immer weniger “Jobs”, trotz der größten Anstrengungen unserer Politiker, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, und trotz unserer wackeren Bemühungen, den Konsum zu steigern.

Aber wer wird den Müll beseitigen? Müssen wir uns damit abfinden, dass in unserer Gesellschaft jene die schlimmsten Jobs bekommen, die Pech im Leben gehabt haben? Müssen wir uns mit einer Gesellschaft zufrieden geben, in der manche Menschen minderwertige Arbeit annehmen müssen, weil der existenzbedrohende Druck des Geldsystems sie dazu zwingt? Wenn wir zustimmen, dass entwürdigende Jobs notwendig sind, und dass wir eine Wirtschaft haben müssen, welche die Menschen dazu zwingt, diese Jobs zu tun (oder obdachlos zu werden und Hunger zu leiden), dann stimmen wir im Grunde der Sklaverei zu: “Mach es oder stirb”. Ist es denn möglich, eine moderne Wirtschaft mit ihrer feinen Arbeitsteilung zu haben, die keine Karrieren als Toilettenputzer und Müllsammler erzwingt? Erkunden wir diese Angelegenheit im Detail, am Beispiel eines Inbegriffs der entwürdigenden Arbeit, der Müllentsorgung.11

Warum brauchen wir überhaupt Müllmänner? Warum gibt es denn so viel Mist einzusammeln? Weil wir so viel Wegwerf-Zeug konsumieren, weil wir Essensreste nicht kompostieren, und weil wir so viel Verpackungsmaterial benutzen, das nicht wiederverwendet oder wiederverwertet wird. Wegwerfprodukte und -verpackung gibt es nur, weil sie künstlich billig sind. Die meisten Kosten vom Ressourcenabbau angefangen über die industrielle Fertigung bis zur Entsorgung auf Mülldeponien oder durch Verbrennung sind externalisiert. Würden die Kosten internalisiert, wie in Kapitel 11 vorgeschlagen, so wäre die Erzeugung von Wegwerfprodukten kaum mehr rentabel. Dann wäre es nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll, beispielsweise wiederbefüllbare Behältnisse zu verwenden. Ähnliche Überlegungen gelten auch für die Kompostierung von Nahrungsmittelabfällen. Fielen die versteckten Subventionen (Transport, Wasser, Chemikalien etc.) für die Fernversorgung durch die Agrarindustrie weg, würde das private Gärtnern wirtschaftlich attraktiv. Es gibt wirklich überhaupt keinen Grund, warum wir so viel Müll produzieren sollten.12

Die Evolution der Müllentsorgung wird sich in ihren Details von der Evolution der Fabrikarbeit, der Gebäudereinigung, der Arbeit an der Supermarktkasse oder anderen oftmals unangenehmen oder entwürdigenden Tätigkeiten, die unsere Welt heute am Laufen halten, unterscheiden. Jede wird auf andere Art und Weise reduziert oder eliminiert werden. Kleine Landwirtschaftsbetriebe, in denen gemischte Kulturen angebaut werden, sorgen für abwechslungsreichere Arbeitsvorgänge. Kleine Gastwirtschaften, Frühstückspensionen und Couch-Surfing werden den Beruf des Zimmermädchens weitgehend überflüssig machen. Technologie, Mechanisierung und Robotik werden die Arbeit am Fließband immer weiter reduzieren. Aufgrund der Anreize, weniger, dafür aber langlebigere Güter zu produzieren, nimmt die Fertigungsarbeit ab. Stattdessen werden mehr Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten gefragt sein, die viel weniger aus Routine bestehen und mehr Erfüllung bieten. Eine neue Herausforderung für industrielle Designer wird es sein, eher Monotonie in der Fertigung zu reduzieren als die Kosten zu minimieren, weil Menschen eine Stelle nicht mehr aus Notwendigkeit sondern aus Lust am Tun annehmen werden.

Wenige Menschen werden freiwillig acht Stunden lang am Fließband arbeiten, endlose Feldreihen lang Tomaten pflücken oder den ganzen Tag Toiletten putzen, außer sie meinen, keine andere Wahl zu haben. Wir werden jedem die Wahl freistellen. Daher wird die Wirtschaft sich dahin entwickeln müssen, dass solche Rollen verschwinden. Wir werden sie aber nicht komplett abschaffen müssen. Geschirrwaschen, Toiletten putzen und gebückte Arbeit sind nur dann öde und entwürdigend, wenn wir sie zu lange machen. Ich arbeitete auf dem kleinen Biobauernhof meines Bruders und bei einer kleinen Fertigungseinheit. Diese Arbeit war keineswegs belastend, weil wir im kleinen Maßstab arbeiteten und daher eine Vielzahl von Tätigkeiten zu verrichten hatten. Natürlich gab es auch ermüdende Routinen, wie zum Beispiel drei Reihen Kartoffeln auszugraben oder in zweihundert Stützen Schlitze zu schneiden, aber das war keine tagelange Quälerei. Oft haben wir bei der Arbeit gescherzt, oder sie bot die Gelegenheit nachzudenken. Eine Saison lang ein paar Stunden am Tag Müll zu sammeln oder Teller zu waschen, Burger zu wenden oder Hotelzimmer sauber zu machen ist nicht belastend. Es gibt ja auch diese Zeiten im Leben, in denen eine Routinearbeit entlastend sein kann. Ich selber habe solche Phasen, da ist körperliche Arbeit richtig Balsam für die Seele.

Auch wenn wir das, was heute “Arbeit” genannt wird, sehr stark reduzieren, werden wir nicht untätig sein oder unsere Zeit mit seichten Vergnügungen vergeuden. Ich sagte oben, dass die menschlichen Bedürfnisse begrenzt sind. Aber wir haben manche Bedürfnisse, die in gewisser Hinsicht unbegrenzt sind. Das Bedürfnis nach Verbundenheit mit der Natur, das Bedürfnis zu lieben, zu spielen, schöpferisch tätig zu sein, das Bedürfnis, jemanden gut zu kennen und von jemandem gekannt zu sein – keines darunter kann befriedigt werden, indem man mehr kauft. Wir versuchen unser Bedürfnis nach dem Unbegrenzten durch die Anhäufung von mehr und mehr des Begrenzten, Zählbaren zu befriedigen. Das kommt dem Versuch gleich, einen Turm bis in den Himmel zu bauen.

Der nicht-monetäre Bereich umfasst genau all das, was nicht zählbar ist. Heute leben wir in einer Überfülle des Zählbaren, und es mangelt uns am Unzählbaren. Gebäude: gigantisch aber hässlich, Kalorien: massenhaft aber leer, Unterhaltung: allgegenwärtig aber geistlos. Meinen Sie nicht auch, dass ein Schrumpfen der Geldsphäre eine erfrischende Abwechslung wäre?

Ein begrenztes Bedürfnis – Kalorien, Unterkunft, Kleidung und so weiter – ist ein zählbares Bedürfnis und passt daher ganz natürlich in die Sphäre von Waren, also von Geld. Wir befriedigen sie problemlos und dank der Technologie zunehmend leichter.13 Da wäre es doch sinnvoll, dass wir im Gegenzug immer weniger schwer arbeiten müssen, um unsere begrenzten Bedürfnisse zu befriedigen, und dass wir einen immer größeren Anteil unserer Zeit und Energie dem Unzählbaren widmen: Kunst, Liebe, Wissen, Wissenschaft und Schönheit. Dementsprechend ist es auch sinnvoll, dass ein immer kleiner werdender Anteil unserer Aktivitäten in der Geldsphäre und der Welt der “Jobs” anzusiedeln ist.

Bis jetzt haben wir statt dessen versucht, das Unbegrenzte zu begrenzen und dabei alles, Kunst, Liebe, Wissen, Wissenschaft und Schönheit in den Schmutz gezogen. Wir haben all das ausverkauft. Wenn kommerzielle Verwertbarkeit die Richtung für wissenschaftliche Forschung vorgibt, dann betreiben wir nicht Wissenschaft, sondern ihr Gegenteil: Pseudowissenschaft im Dienste des Profits. Wenn sich Kunst vor dem Geld verneigt, bekommen wir “Kunst” statt Kunst – eine sich ihrer selbst bewusste Selbstkarikatur. Ähnliche Perversionen ergeben sich, wenn Wissen sich der Macht unterwirft, wenn Schönheit missbraucht wird, um Produkte zu verkaufen, und wenn Reichtum versucht, Liebe zu kaufen, oder wenn Liebe dazu benutzt wird, Reichtum zu erlangen. Aber die Zeiten des Ausverkaufs sind vorüber.

Der lange Aufstieg der Geldsphäre neigt sich dem Ende zu, und ihr Stellenwert in unserer Arbeit und in unserem Leben wandelt sich und stellt alles auf den Kopf: lang gehegte Gewohnheiten, altbekannte Ängste und Begrenzungen. Seit der Zeit der Alten Griechen war Geld in zunehmendem Maße sowohl ein universelles Mittel als auch ein universeller Zweck, das Objekt grenzenloser Begierde. Nicht mehr länger. Sein Rückzug hat begonnen, und wir werden immer mehr von unserer Energie jenen Bereichen widmen, die das Geld nicht erreichen kann. Die Zunahme an freier Zeit, oder genauer gesagt: an der Arbeit, die aus Liebe getan wird, geht einher mit dem Rückgang der Geldökonomie. Die Menschheit wird erwachsen. Dies ist die Zeit, wenn das körperliche Wachstum endet, und wir unsere Aufmerksamkeit darauf richten, was wir zu geben haben.

1 Unendlich elastische Nachfrage rechtfertigt zum Beispiel das ständige Hinauszögern einer Wirtschaft, die mehr Freizeit erlaubt. Die Theorie dazu nennt man “lump-of-labor-fallacylump-of-labor-fallacy

Ein ähnliches Argument, Jevons’ ParadoxJevons’ ParadoxSay´s law” oder der „broken window fallacybroken window fallacyGeschichte vom Aufstieg, die besagt, dass unser Aufstieg zur Herrschaft über die Natur für immer weitergehen wird.

2 Keynes, “Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages”; Hervorhebungen von mir. Ich wurde durch www.lump-of-labor.org auf diese Passage aufmerksam gemacht.

3 Darüberhinaus sind Millionen von Häusern viel größer als nötig. Es gibt Länder, in denen dreißig Menschen ganz zufrieden auf einer Fläche leben, die eine amerikanische Familie aus der gehobenen Mittelklasse bewohnt. Interessanterweise beginnt die Wirtschaftskrise, diesen Trend zur Isolation und Atomisierung der Familie umzukehren, weil erwachsene Kinder oft gezwungen sind, wieder bei ihren Eltern zu wohnen oder umgekehrt.

4 Das würde keine ständige Inflation zur Folge haben, solange die gesamte Geldmenge gleich bleibt. Im hier beschriebenen System wird der Geldbestand auf verschiedene Weise reduziert, damit eine geldmengenneutrale soziale Dividende möglich ist. Neben traditionellen Methoden wie Besteuerung und Offenmarktpolitik der Zentralbanken könnte auch ressourcengedecktes Geld, wenn es wieder gegen die Ressourcen eingetauscht wird, dazu dienen, die Geldmenge zu verringern. Schließlich reduzieren Schwundgeld und Negativzinsen auf Bankeinlagen die Geldmenge über die Demurrage. Bei der heutigen Geldmenge wäre mit einem Negativzinssatz von 5% eine geldmengenneutrale jährliche Zahlung von $1 000 pro Haushalt möglich. Wenn der Großteil anderer Schuldeninstrumente durch Notverkäufe zu Geld gemacht wird, was notwendig werden könnte um die Finanzinfrastruktur zu retten, könnte der Ertrag aus Demurrage leicht auch das Zehnfache davon betragen.

5 Natürlich wurden zur selben Zeit viel größere Geldsummen großzügig an dieselben Finanzinstitutionen verteilt, die am Ausbruch der Krise mitschuldig waren.

6 “U.S. Should Try Germany’s Unemployment Medicine.”

Kommentar von Kevin Hassett auf www.bloomberg.com (8. November 8 2009 21:00 EST)

http://www.bloomberg.com/apps/news?pid=newsarchive&sid=ax3kyE3bILDY

7 James Frank, “Cure for U.S. Unemployment Could Lie in German-Style Job Sharing.”

Blog von Frank James auf ‘The Two-Way’, dem News blog von National Public Radio (3. Dezember 2009 12:13 pm) http://www.npr.org/blogs/thetwo-way/2009/12/is_germanstyle_jobsharing_cure.html

8 Mit unökonomisch meine ich, dass diese Arbeit eine negative Kapitalrendite erzeugt, die sogar unter dem Negativzinssatz liegt. Man könnte wirtschaftlich argumentieren, dass jede wohltätige Aktivität wirtschaftlich rentabel würde, wenn alle Kosten internalisiert und alleAuswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt gemessen würden. Alles in Zahlen fassen zu wollen ist aber gerade Teil des Problems. Es ist besser, manches auf der Welt ungezählt und in der Sphäre der Geschenke zu belassen.

9 Einer Reihe sozialpsychologischer und wirtschaftswissenschaftlicher Studien zufolge ist Geld nur ein effektives Mittel zur Motivation bei anspruchslosen Routineaufgaben. Für die Leistungsfähigkeit bei Tätigkeiten, die Kreativität und konzeptuelles Denken erfordern, können finanzielle Anreize sogar hinderlich sein. Das scheint recht einleuchtend, weil sie von der Aufgabe selbst ablenken. Für weitere Informationen zu diesem Thema empfehle ich die Arbeiten von Dan Pink.

10 Dass Menschen oft sogar in solchen Jobs freundlich und liebenswürdig sind, ist ein Zeugnis für den unauslöschlichen Edelsinn des menschlichen Geistes.

11 Ob eine Tätigkeit entwürdigend ist, liegt in unserer Wahrnehmung. Jede Arbeit, die nicht anderen gegenüber gewalttätig ist, kann verspielt, mit Würde oder mit Liebe verrichtet werden.

12 Das Phänomen Müll gibt es noch gar nicht so lange. Meine Ex-Frau wuchs in den frühen 1970er Jahren auf und erinnert sich daran, dass es damals in ihrem Dorf so etwas wie ein Müllsammelfahrzeug nicht gab. Alles wurde wiederverwendet, wiederverwertet, kompostiert oder verbrannt. Selbst heute produziert mein Haushalt in Harrisburg, Pennsylvania, ohne viel Infrastruktur für Wiederverwertung oder Wiederverwendung etwa ein Viertel des Mülls, der bei meinen Nachbarn anfällt. Es ist also durchaus denkbar, dass wir in einer Generation vielleicht zehnmal weniger Müll zu entsorgen haben werden als heute.

13 Die Tatsache, dass es heute Milliarden von Menschen an den Lebensnotwendigkeiten mangelt beruht nicht darauf, dass wir ihre Bedürfnisse nicht stillen könnten – wir tun es eben nicht (siehe Kapitel 2). Der Grund dafür ist ein Wirtschaftssystem, das künstlich Knappheit erzeugt und den Fluss der Leistungen und Ressourcen fehlleitet.

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